Die Zeit rennt

Schon wieder ist ein Schuljahr rum – und was für eines. Die Zeit rennt, sagen Mama und Papa immer wieder. Wahrscheinlich ist das so, denn ich komme nach den Ferien schon in die (in Regelschuljahre umgerechnet) neunte Klasse…

Am Donnerstag gab’s Zeugnisse. Meins ist ja immer ein bisschen anders: Keine klassischen Noten, dafür eine textliche Zusammenfassung und Einordnung (mit Metacom-Symbolen), wie ich mich in puncto Kommunikation, Wahrnehmung und Verarbeitung weiterentwickelt habe.

Es war ein sehr ereignisreiches Schuljahr, und das in vielerlei Hinsicht: Ich bin zur Klassensprecherin gewählt worden, dann habe ich mir selber Corona eingefangen (zum Glück symptomfrei und ohne irgendwelche Folgen!) und vieles mehr.

Überhaupt überlagert Corona vieles. Ich möchte an dieser Stelle daher mal ausdrücklich meine Lehrerinnen herausstellen, die das alles bei uns in der Klasse toll managen – allen Schwierigkeiten zum Trotz. Danke für den tollen Einsatz und das tolle Engagement! Ein weiteres Schuljahr bin ich noch in dieser Klasse – danach komme ich dann schon in die Sekundarstufe Zwei! Unglaublich – in der Tat, die Zeit rennt…

Naja, jetzt sind erst mal drei Wochen Ferien, davon sind zwei Wochen Feriengruppe angesagt. Wobei ich nicht weiß, wer sich mehr über diese zwei Wochen Feriengruppe freut: Meine Eltern oder ich… 😉

Zwischen Freude und Skepsis

Die Sommerferien rücken näher. Ein sehr spezieller Zeitraum, bei dem immer sehr deutlich wird, dass es bei uns „anders“ ist. Dabei gibt es hier in Osnabrück ein Angebot, das sehr verlockend ist – bei uns aber sehr ambivalente Gedanken auslöst.

Erst nochmal für alle vorweg: Ich habe an meiner Förderschule ja „nur“ drei Wochen Sommerferien und keine sechs Wochen. Mama und Papa finden das echt gut, da die beiden somit auch nur drei Wochen organisieren müssen… Aber dennoch stellt sich auch bei uns immer die Frage, was wir in den drei Wochen machen.

Ein klassischer Sommerurlaub zu Dritt ist für uns kein guter Plan. Einerseits gibt es in den Sommerferien so gut wie keine passenden Angebote (mit Pflegebett, Lifter, Duschstuhl etcetc.). Das bedeutet: Wir können besser zuhause bleiben, da wir hier alles haben. Andererseits wäre ein Urlaub zu Dritt (= 24/7-Betreuung und -Pflege ohne Hilfe durch Buddys) wahrlich keine Erholung. Wie Ihr wisst, sind nur die jährlichen Kupferhof-Aufenthalte richtige Urlaubstage.

Zum Glück gibt’s an meiner Schule eine zweiwöchige Ferienbetreuung. Die stand in diesem Jahr lange auf der Kippe, findet nun aber doch statt (puuuuuuh…). In den zehn Tagen werde ich morgens abgeholt, dann gibt’s tagsüber Programm und Angebote und nachmittags geht’s mit dem Bulli wieder nach Hause.

Soweit so gut – wir sind echt erleichtert, dass das wieder klappt. Mama und Papa waren längst dabei, Alternativen zu suchen – da flatterte vor einigen Tagen eine interessante Nachricht rein: Die Stadt Osnabrück veranstaltet jedes Jahr in den Sommerferien das sogenannte Ferienpass-Programm. Jahr für Jahr ein tolles Angebot mit jetzt 700 Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren.

Mama und Papa haben das nie so richtig auf dem Schirm gehabt – weil die Angebote (viele Outdoor mit Action etc.) für mich eh nicht in Frage gekommen wären ohne Buddy-Begleitung. Doch dann hieß es in der diesjährigen Ankündigung explizit: “ Alle Veranstaltungen richten sich grundsätzlich auch an Kinder mit Beeinträchtigungen. Die Stadt Osnabrück bietet eine kostenlose Begleitung an. Eltern betroffener Kinder melden sich hierfür bitte im Ferienpassbüro. Die Mitarbeitenden kümmern sich dann um die Organisation.“

Ach! Das klingt interessant! Was für ein toller inklusiver Ansatz! Super! Parallel kamen bei aller Freude auch gleich skeptische Gedanken auf. Wie läuft denn diese Begleitung ab? Wieviel Erfahrungen hat diese Begleitung mit stark beeinträchtigten Kindern wie mir? Wo und wie wäre denn die Pflege gewährleistet (Windeln wechseln etc.)?

Vermutlich hat die Stadt eher „leichtere“ Beeinträchtigungen im Sinn gehabt – und hat weniger daran gedacht, dass Eltern auch Kinder wie mich anmelden könnten… 😉 . Aber egal: Grundsätzlich ist es super, dass die Stadt auch Kinder mit Beeinträchtigungen ins Ferienpass-Angebot einschließt. Mama und Papa schauen jetzt mal, ob sie die Probe aufs Exempel machen, ein Angebot rauspicken und mich anmelden – und dann mal sehen, was passiert…

Auf einer Wellenlänge

Eifrige Stammleser unter Euch können sich vielleicht noch ganz dunkel erinnern, dass ich vor langer Zeit ein inklusives Musikprojekt angekündigt habe, bei dem ich mitmachen durfte – und dass danach nichts mehr von mir kam. Höchste Zeit mal aufzuklären, was aus dem Projekt „Auf einer Wellenlänge“ geworden ist. Und wie so oft sagen Bilder mehr als tausend Worte…

Dieses Bild stammt aus einem Buch, das ich als Teilnehmer des inklusiven Musikprojektes jetzt bekommen habe. Da sind ganz tolle Bilder drin, die zeigen, was dieses großartige Projekt ausgemacht hat – wenn nicht Corona nach einem knappen halben Jahr für ein abruptes Ende gesorgt hätte. Leider… 🙁

Solche Begegnungsprojekte sind so wichtig. Denn mit Hilfe der Musik können Berührungsängste und unsichtbare Barrieren im Kopf abgebaut werden. Wie schön wäre es, wenn es mehr solcher Inklusionsprojekte gäbe, in denen Schüler von Regelschulen mit uns Schülern der Förderschulen im wahrsten Sinne des Wortes „gemeinsame Sache“ machen können…

Ich habe die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, dass es irgendwann weitere Projekte dieser Art gibt – und erinnere mich gerne daran zurück, als wir „auf einer Wellenlänge waren…