Bunt statt ekelhafd

Endlich! Endlich gehen wir „Leisen“ zu hunderttausenden auf die Straße und werden laut gegen die menschenverachtenden Parolen von Rechts! Am kommenden Samstag findet auch hier bei uns eine Kundgebung statt mit dem Motto „Osnabrück bekennt Farbe„. Ich werde natürlich mit dabei sein!

Es macht Mut zu sehen, dass so viele Menschen nun endlich aufstehen und klare Kante zeigen. Darunter Wirtschaftsbosse und starke prominente Persönlichkeiten wie der Fußballtrainer Christian Streich:

Dabei ist das ja alles nicht neu, was die Rechtspopulisten und Rechtsextremen von sich geben. So hatte der AFD-Politiker Björn Höcke erst im August in einem Interview davon gesprochen, dass Inklusion ein „Ideologieprojekt“ sei. Gerade Höcke zeigt ja permanent und offen sein menschenverachtendes Gedankengut.

Mehrere Sozialverbände hatten daraufhin in einer ganzseitigen Anzeige Stellung bezogen. Es blieb im August aber bei einem kleinen Aufschrei…

Jetzt ist es – wie Christian Streich richtigerweise sagt – „fünf vor zwölf“. Nun gilt es, dass wir alle Haltung zeigen. Ich habe dafür dieses wunderbar-passende Motiv der Illustratorin Nicki Pollmeier aka krikelakrak gefunden. Das könnt Ihr Euch übrigens hier herunterladen! Ich finde dieses Motiv super – und perfekt für die Kundgebung am Samstag! Seid alle dabei!

Copyright: krikelakrak / Nicki Pollmeier

Special Olympics: Was bleibt?

Na, wer von Euch hat auch die Eröffnungsfeier der Special Olympics World Games gesehen? Das waren tolle Bilder und Emotionen im Berliner Olympiastadion. Die große Frage ist für mich aber jetzt schon: Was bleibt davon?

Mama, Papa und ich haben jedenfalls auch die Eröffnungsfeier gesehen. Gut – ich nur den Anfang, da dann ja Schlafenszeit für mich war. Papa war ja doppelt gespannt auf die Feier, da ein guter Freund von ihm musikalischer Leiter der Veranstaltung war. Aber das nur am Rande… 😉

Es waren jedenfalls tolle Bilder und bewegende Momente. Diese echte, ausgelassene und unbändige Freude in den Gesichtern der Teilnehmer zu sehen, war einfach großartig! Es ist super, dass die World Games und die Teilnehmer die Aufmerksamkeit bekommen, die sie auch verdienen.

Und da sind wir genau bei dem Punkt, der mich sehr umtreibt. Es ist überall die Rede davon, dass von der Veranstaltung „ein wichtiger Impuls für mehr Inklusion“ ausgehen müsse etcetc. Genau das erhoffe ich mir natürlich auch. Aber gleichzeitig habe ich die Befürchtung, dass nach dieser einen Special-Olympics-World-Games-Woche alles wieder so ist wie vorher. Unsichtbarkeit statt Sichtbarkeit, Exklusion statt Inklusion.

Dabei zeigen die World Games, wie gewinnbringend es für unsere Gesellschaft ist, gemeinsam Sport zu machen und zu erleben. Egal ob mit Behinderung oder ohne. Das alles ist nicht schwer – wir müssen es als Gesellschaft nur wollen. Die Zeit nach den World Games wird zeigen, ob wir als Gesellschaft es auch wirklich wollen.

Wenn’s um Geld geht – Teil 2

Zum Thema Geld habe ich noch einen weiteren Gedanken: Diesmal geht es nicht um direkte Leistungen für mich und uns. Es geht darum, wie das „Totschlagsargument“ Geld bzw. Kosten jedes noch so kleine Inklusionspflänzchen gnadenlos platttrampelt. So geschehen bei uns in Osnabrück.

Kennt Ihr den Begriff „Dritter Ort„? Ich kannte den Begriff zugegebenermaßen bis vor gut zwei Jahren auch nicht. Bis plötzlich bei uns in Osnabrück darüber diskutiert wurde, die Stadtbibliothek zu einem solchen „Dritten Ort“ weiterzuentwickeln.

Aber was ist denn nun ein „Dritter Ort“? Darunter versteht man (mal von mir übersetzt) einen „Ort für alle„; also eine Kultur- und Begegnungsstätte mit tollen Angeboten für Jung und Alt, mit und ohne Behinderung und barrierefrei – also Inklusion pur. Gerade Bibliotheken sind prädestiniert, zu solchen Treffpunkten zu werden, da sie im Zuge der Digitalisierung ihren eigentlichen Zweck der Bücherausleihe nach und nach verlieren.

Es gibt gerade in Skandinavien tolle Beispiele, wie solche Begegnungsstätten funktionieren, z.B. das „Dokk1“ in Aarhus und das „Oodi“ in Helsinki. Wer sich diese Treffpunkte mal online ansieht, kann nur ins Schwärmen geraten – einfach großartig! Das sind wahre Inklusions-Leuchttürme!

Aber zurück zu uns nach Osnabrück: Anfang 2021 gab’s einen Ratsbeschluss, die Idee eines „Dritten Ortes“ aufzugreifen und zu konkretisieren. Ich war wie elektrisiert – was wäre das toll, wenn es einen solchen inklusiven Treffpunkt mit tollen Angeboten hier bei uns in Osnabrück gäbe! Denn: Hier gibt es bislang kaum inklusive Begegnungsstätten.

Wie Ihr wisst, fahre ich gerne mit Mama, Papa oder meinen Buddys in den Zoo. Denn da gibt es viel zu erleben und vor allem eine „Toilette für alle„, die es überhaupt möglich macht, dass ich über mehrere Stunden im Zoo bleiben kann. Wir können uns da auch mit anderen treffen – also uns begegnen. Eine zweite Option ist dann noch das StadtgalerieCafé in der Innenstadt. Und dann hört’s auch schon auf…

Monatelang gab’s dann keine weiteren News, wie die Planungen zum „Dritten Ort“ in Osnabrück voranschreiten. Bis Ende 2022 – da hieß es plötzlich in einer Ratsvorlage: Die Pläne werden auf Eis gelegt. Der Grund: Alles viel zu teuer und die Stadt hat kein Geld…

Ruuuummms! Da wurde es wieder hervorgekramt, das „Totschlagsargument“ Kosten. Wenn ich jetzt mal ganz böse und provokativ wäre, dann würde ich sagen: „Wenn ich keine Lust habe, Ideen weiterzuentwickeln, dann hole ich die Kostenkeule raus und das Thema ist tot.

Na klar ist das Kostenargument gerade in diesen Zeiten nicht von der Hand zu weisen. Die Kommunen haben leere Kassen; da müssen alle Kommunalpolitiker verantwortungsvoll gucken, wie man die Ausgaben in den Griff bekommt und Investitionen hinterfragt. Aber wie so häufig wird auch hier in Osnabrück der Rotstift zuallererst bei Projekten angesetzt, die keine Lobby haben.

Warum ist das so? Ganz einfach: Es gibt keinen Aufschrei – auch hier ist die Ankündigung, die Pläne für den „Dritten Ort“ zu beerdigen, völlig geräuschlos durchgelaufen. Es gab kein Echo, keine Resonanz, nix dergleichen. Dazu kommt, dass auch in der Osnabrücker Kommunalpolitik der Irrglaube vorhanden ist, Inklusion koste immer nur viel Geld und sei zu teuer. Wie fatal!

Tatsache ist doch: Wer Inklusion wirklich will, der hätte das Thema „Dritter Ort“ nicht ad acta gelegt, sondern überlegt, wie sich bestehende Kulturangebote in Osnabrück im kleinen Rahmen inklusiv weiterentwickeln lassen. Man hätte auch mal Menschen wie uns fragen können, was wir uns wünschen oder ob wir Vorschläge oder Ideen haben.

Das ist alles nicht passiert; erneut wurde eine große Chance verpasst, Inklusion in Osnabrück ins Bewusstsein und voranzubringen. Mut macht das nicht, ganz im Gegenteil…