Wenn’s um Geld geht…

Ich stelle hier ja immer wieder mal Petitionen vor. Das mache ich insbesondere, um auf auch mich betreffende und zu wenig beachtete Themen aufmerksam zu machen – und um Denkanstöße zu geben. In zwei aktuellen Petitionen geht es um das liebe Geld…

Wenn’s um das liebe Geld geht, scheiden sich ja oft die Geister. Dann geht es um Neid und darum, wer mehr bekommen darf und verdient. Ruckzuck sind wir dann bei einer Gerechtigkeitsdebatte, die dann völlig abdriftet. Ändern tut sich allerdings wenig. Wie gruselig…

Aber kommen wir zu den beiden aktuellen Petitionen: Beide zielen darauf ab, dass die häusliche Pflege nicht vernünftig wertgeschätzt und honoriert wird. Denn obwohl auch wir verschiedene Geldleistungen für meine Pflege bekommen – es reicht nicht aus, Mama und Papa zahlen für die Entlastung (z.B. durch meine Buddys) jeden Monat obendrauf. Das ist Fakt.

Was bekommen Mama und Papa eigentlich? Das ist das Pflegegeld, die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege sowie der Entlastungsbetrag. Wie man was von wem bekommt, welche Anträge notwendig sind, was womit kombinierbar ist und wann was abgezogen wird – dafür benötigt man ein Studium…

Es wäre also schon großartig, den Bezug der Pflegeleistungen zu erleichtern – aber auch, sie zu verbessern (sprich: zu erhöhen). Daher unterstütze auch ich die beiden Petitionen. Macht gerne mit!

Für Extra-Urlaubstage

Arzt- und Behandlungstermine, Hilfsmittel-Anproben, Therapien etcetc. Wie Ihr wisst, ist mein Terminkalender ordentlich vollgepackt. Und Mama und/oder Papa müssen nun mal immer dabei sein, was ordentlich Zeit frisst. Eine neue Petition will was dagegen unternehmen – und 10 Tage Sonderurlaub für pflegende Eltern erreichen.

Vor ein paar Monaten hatten zwei pflegende Mütter diese Petition auf change.org gestartet – mit großem Erfolg! Knapp 47.000 Menschen haben die Petition (Stand heute) bereits unterschrieben. Und es werden immer mehr…

Im September haben die beiden die Petition dann dem Petitionsausschuss des Bundestages zur Prüfung vorgelegt – und vor ein paar Tagen wurde die Petition genehmigt! Das heißt jetzt aber: Bis Ende November müssen auf dem Petitionsportal des Bundestages nochmal 50.000 Unterschriften eingehen! Daher auch meine Bitte: Teilen und mitzeichnen!

Ergänzend noch ein paar grundsätzliche Gedanken meinerseits dazu: Ich weiß, dass es sicherlich die ein oder andere kritische Stimme gibt – frei nach dem Motto: „OK, die haben sicherlich ein paar mehr Termine als wir – aber müssen die gleich 10 Sonderurlaubstage haben? Ich kriege doch auch keine… Und außerdem müssen dann die anderen Kollegen für die Kollegen mit Sonderurlaubstagen mitarbeiten!“

Klar kann man darüber diskutieren, ob es gleich 10 Sonderurlaubstage für pflegende Eltern sein müssen. Es geht aber gar nicht um die Zahl 10 – es geht vielmehr darum, dass Familien wie wir überhaupt gesehen werden und nicht weiter unsichtbar bleiben! Es geht darum, dass Mama und Papa – und somit auch ich – generell mehr Entlastung bekommen.

Papa hat das Glück, dass er einen relativ flexiblen Job hat und sich somit oft „freischaufeln“ kann für meine Termine. Die Konsequenz ist dann, dass er ganz oft abends „nacharbeitet“, sehr lange am Schreibtisch sitzt – und danach oder am Wochenende noch meinen Papierkram macht (Stichwort: Behörden, Krankenkasse, Widersprüche etcetc.).

Von daher: Ganz gleich, ob 1, 3, 5 oder 10 Sonderurlaubstage – Hauptsache wir werden gesehen! Daher nochmals meine Bitte: Teilen und Mitzeichnen! Und danke an die beiden Initiatorinnen!

An der Realität vorbei

Ich habe hier ja schon einige Male erklärt, wie notwendig für uns die sogenannte Verhinderungspflege und die Kurzzeitpflege sind. Dabei ist es besonders wichtig, dass wir diese Entlastungsmöglichkeiten und -töpfe flexibel nutzen können. Aber das soll sich ändern – wenn es nach den Plänen des Bundesgesundheitsministerium geht. Einfach unfassbar und komplett an der Realität und dem Bedarf vorbei…

Nochmal für alle zur Erklärung: Kurzzeitpflege bedeutet, dass ich für einige Tage in Einrichtungen wie der Kupferhof in Hamburg gepflegt werde und wir alle verschnaufen und uns ein wenig erholen können. Verhinderungspflege ist hingegen eine stundenweise Pflege durch eine Pflegeperson, wenn Mama und Papa mal verhindert sind.

Und das kommt nicht selten vor, so dass dieser Topf eigentlich immer schnell leer war. Gut war bislang, dass die Töpfe – in meinem Fall mit Pflegegrad 5 jeweils 1.612 Euro – flexibel kombiniert werden können. Bislang…

Das Bundesgesundheitsministerium will das jetzt ändern. So steht es zumindest in einem Papier zur Pflegereform. Demnach sollen für die Verhinderungspflege nur noch maximal 40 Prozent des Gesamtjahresbetrags zur Verfügung stehen! Um es mal aus der Sicht einer Betroffenen zu formulieren: unfassbar, an der Realität vorbei und ein Skandal!

Die Fachverbände haben sich bereits dagegen ausgesprochen, außerdem gibt es eine Online-Petition dagegen: „Keine Einschränkung der Flexibilität von Verhinderungspflege durch die Pflegereform 2021!“ Meine Bitte: unbedingt unterzeichnen!

Ich weiß nicht, wer sich so was in den Ministerien ausdenkt… Sitzt da niemand, der weiß, wie es in der Realität aussieht???

UPDATE, 22.03.: Die Fachverbände haben heute nochmal öffentlich ihre Empörung geäußert, wie das Bundesgesundheitsministerium die Belange von Menschen mit Behinderung und ihren Familien ignoriert: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für Eltern behinderter Kinder.“ Genauso ist es.